Mein lieber Bruder, meine liebe, wertvolle Schwester,

nachdem die letzten Artikel die Mechaniken und die Wege IN den spirituellen Missbrauch hinein sehr sachlich aufgezeigt haben, möchte ich nun von Herzen über das schreiben, was Dir zusteht, was Dir gegeben ist.

Erst einmal:
Es tut mir leid.

Es tut mir leid, dass Menschen Jesus so falsch repräsentiert haben, dass Du verletzt und in Deiner Würde angegriffen wurdest.
Es tut mir leid, dass dadurch Zweifel gesät wurden, ob Jesus dich wirklich sieht und lieben kann. Es tut mir leid, dass  Dein Glaube zu einem Korsett geworden ist, in dem Du nicht mehr atmen konntest, und dass Angst und Qual an die Stelle von Freiheit und Gnade getreten sind.

Um zu verstehen, wie es sein kann, dass man überhaupt in diesen Strukturen landen konnte, habe ich die Artikel geschrieben.

Es ist  dein aufrichtiger Wunsch nach Gemeinschaft gewesen. Deine Unsicherheiten im Glauben, die Du versucht hast, an einer Leiterschaft zu orientieren, sie abgenommen  und beantwortet zu bekommen. Vielleicht war es auch gut, so gut nach langen Jahren zu hören, dass Du auserwählt, etwas besonderes bist, und mit allem Eifer hast Du Dich auf Gott geworfen wie Petrus, in Selbstüberschätzung, die enttäuscht wurde, in einem Feuer, das verbrennend und nicht reinigend und heiligend war. Vielleicht bist Du fanatisch geworden, und es tut Dir leid, so leid. Lass Dir gesagt sein: Es ist eine Dynamik, in der wir alle landen können.

Vor vielen Jahren gab es ein Experiment, das Experiment "Die dritte Welle". Vielleicht kennst Du den Film "Die Welle"  oder das Buch. Es war ein Experiment, das erklären sollte, wie das mit dem Faschismus im Nationalsozialismus passieren konnte. Die Mechaniken waren dieselben, die in extremen, sektiererischen Gemeinden auftreten: Auserwähltheit im Gegensatz zu denen, die es nicht sind. Geheimzeichen und veränderte Sprache. Totalitäre Führung. Führergruß. Führerkult. Das Bedienen des Wunsches, eben auserwählt zu sein, die Massen zu führen, sich abzuheben, besser, elitärer zu sein.  Das Experiment wurde binnen weniger Tage unter Entsetzen abgebrochen, weil es völlig außer Kontrolle geriet.

Der Grund dafür ist: Es arbeitet mit Bestrafung und Belohnung- und Menschen sind darüber zutiefst steuerbar, konditionierbar. Gruppendynamik und der Wunsch, dazu zu gehören: Es sind die Grundbedürfnisse unserer Seele. Gesehen sein, wirklich erkannt sein und als gut befunden werden- es ist ein weiteres.

Es ist schlimm, sehr schlimm, dass solche Dinge in Gemeinden passieren. Es ist schlimm, sehr schlimm, dass Du erfahren musstest, wie andere über dich bestimmten und versuchten, Dir deine Einzigartigkeit zu rauben. 
Es ist schlimm, dass bei Jesusanhängern ein solches Bewusstsein Fuß fassen kann. Der Grund dafür ist nicht Jesus. Es ist menschliche Fehlbarkeit und menschliches Machtstreben. Dass das, was Dir Halt geben sollte, Dich aufblühen lassen sollte, der Wunsch nach einer geistlichen Gemeinschaft, die dem Guten dient, so missbraucht wurde- es tut mir so, so leid.

Wenn  Du die Strukturen wiedererkennst, dann wirst  Du zornig sein, verletzt und vielleicht auch so bedient von dem allen, dass Du Abstand suchen willst von Gemeinde und allem, was dazu gehört. Erstmal..wieder Du selbst werden. Parallel dazu werden die Sätze in Deinem Kopf widerhallen, die Du gehört hast: Dass Du Dich nicht separieren darfst. Dass Du dem Satan in die Arme läufst, wenn Du Dich der Gemeinde entziehst. Dass Dein kritisches Denken nichts weiter als eine Attacke Satans ist. Dass Du verloren gehst- und DU das Problem bist.

Ich möchte Dir zusprechen: All das ist Lüge. Nein, Du musst nicht in einem Kollektiv aufgehen, um gerettet zu werden. Du musst Dich nicht auflösen. Und nein, Du gerätst nicht unter Gottes Fluch, weil Du Dich selbst schützt. Du darfst gehen, und er wird mit Dir sein.

Deine Beziehung zu Jesus ist nicht abhängig davon, wie gut Du die christliche Rolle erfüllst. Deine Beziehung ist nicht von Deiner perfekten Performance abhängig, und noch nicht einmal davon, dass Du die einzig richtige Lehre vertrittst. Paulus sagt in 1. Korinther 13, dass niemand von uns die ganze Wahrheit sieht, nur Stückwerk. Du bist nicht gerettet, weil Du die Bibel so gut kennst, sondern weil Du erkannt hast, dass du Jesus brauchst, dich entschieden hast, Jesu Erlösungstod und seine Auferstehung für Dich anzunehmen. Deine eigene Herrschaft niederzulegen, damit er ab sofort die Regie übernehmen kann.

Er. Jesus. Jesus. Jesus. Niemand sonst.

Du bist gerettet aus Gnade.
Dem kann und darf niemand etwas hinzufügen.

Und Gott liebt Dich nicht mehr, wenn Du geheiligt bist als in der Stunde, in der Du geboren wurdest. Jesus hat uns zuerst geliebt. Jesus hat uns geliebt, als wir noch Sünder waren. Und er wird uns lieben bis ans Ende aller Zeiten und darüber hinaus.

Es geht im Christentum nicht darum, möglichst perfekt eine christliche Rolle auszufüllen, noch geht es darum, ein Doppelleben zu leben und das weltliche Leben zu verdammen. Es geht einzig und allein darum, Jesus wirklich kennenzulernen und das, was er über dich sagt, wirklich zu verstehen. Es geht darum, dass du dich ihm näherst. Du darfst darauf vertrauen, dass er dich leiten wird. Und du darfst darauf vertrauen, dass er dir nicht zumutet, dich selbst bis zur Unkenntlichkeit zu verstümmeln, sondern dass er für dich ist. Nein, du bist nicht verflucht. Nein, sein Zorn trifft dich nicht. Seine Liebe erwartet dich.

Es ist wichtig für dich, dass du herausfindest, wo deine Identität liegt. Hast du begriffen, dass er dich sieht? Und ist das eine bedrohliche oder eine hoffnungsfrohe Botschaft für dich? Es sollte die beste Botschaft sein, die es gibt- denn Gott ist gut.

Ja. Wir alle sind nicht perfekt, und er will dich lehren, ein verlässlicher, klarer, rechtschaffener und grader Mensch zu werden, der liebt und für andere zum Segen wird. Ja. Uns stehen viele Dinge im Weg, und wir uns manchmal am meisten.

Aber das ändert an der Tatsache nichts, dass er dir ein Versprechen gegeben hat:
Wenn du ihm nur vertraust und ihn von Herzen suchst, dann wirst du gerettet werden. Wenn du ihn annimmst, dann zählst du nicht mehr als Sünderin. Wenn Gott dich ansieht, dann voller Liebe, denn dann sieht er die Gerechtigkeit seines Sohnes Jesus.
Da ist keine Verdammnis, auch wenn du fällst, strauchelst und noch nicht da bist. Und da ist kein Fluch über dir, und niemand, der von Gott etwas für dich gesagt bekommt, ohne das du deinen Weg nicht beenden kannst, nicht klar siehst.

Du hast eine Menge Lügen gehört. Und vielleicht macht dir die Bibel gerade Angst. Dein Hirn muss umlernen. Du musst umlernen, und vielleicht brauchst du wirklich erstmal eine Therapie, jemanden, der zuhört.

Den ersten Schritt kannst du machen, indem du mich kontaktierst. Gerne sortiere ich mit dir aus. Das ist mein Angebot an dich: Lass es uns sortieren. Lass uns zusammen in der Bibel schauen, was wirklich da steht. Was dich freisetzt, ist die Wahrheit.

Du wirst zornig sein über die, die dir das angetan haben. Bring diesen Zorn zu Jesus. Bitte ihn um Trost. Ja, es ist Sünde, dich so zu behandeln. Wichtig ist, dass du deswegen nicht verbitterst.Und Vergeben ist ein Prozess. Für jetzt reicht es, Jesus zu sagen, dass du darum bittest, ihnen vergeben zu können.

Es wird vermutlich so sein, dass ein Austritt aus der Gemeinschaft, die dich so verletzt, bitter sein wird. Einsam, denn oft sorgen solche Gemeinden dafür, dass andere Mitglieder mit dir den Kontakt abbrechen, du bist nicht mehr willkommen.

Bitte sieh es einmal so: Wenn du eine Beziehung beendest, weil du geschlagen wurdest, dann triffst du dich auch nicht mehr mit deinem Exfreund oder Exmann. Aber traurig wirst du doch sein. Nimm dir Zeit zu trauern. Und wisse, es geht vorbei.

Es gibt Hoffnung dort, wo du dein Heil allein in Jesus suchst. Bitte ihn, dir deine ganz eigene Beziehung zu ihm zu schenken. Dich zu leiten. Dich zu lehren. Dich zu lieben.
Suche ihn.

Und dann...nach und nach, wirst du erkennen, es sind nicht alle so. Es gibt andere mit dieser Erfahrung. Es war nicht deine Schuld. Aber: Es ist deine Verantwortung, deine ureigene Entscheidung, ob du weiterhin über deine Seele trampeln lässt, als wäre sie eine Straße, oder ob du dich in die Arme eines Gottes fliehst, der dich liebt.

Und Zeit, deinen Anteil auszusortieren, dein Verhalten zu prüfen, Verletzungen und Unsicherheiten herauszufinden, die kommt dann, wenn du aus dem brennenden Wrack in Sicherheit gebracht bist. Er verdammt dich nicht. Jesus wird bleiben. Ganz sicher. Das kann ich bezeugen.

Sei gesegnet, Sibylle.
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